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Erdbeerblätter - Fragariae folium [DAC 2004]

Stammpflanzen: Fragaria x ananassa DUCHESNE ex ROZIER / Garten-Erdbeere, Fragaria moschata WEST. / Moschus-Erdbeere, Fragaria vesca L. / Wald-Erdbeere, Fragaria viridis WEST. / Knack-Erdbeere, ihre Hybriden sowie Hybriden mit anderen Arten der Gattung Fragaria [Fam. Rosaceae / Rosengewächse]. Synonyme: Für sämtliche Arten existieren zahlreiche Synonyme. Eingang in die botanische Literatur haben besonders nachfolgend aufgeführten Bezeichnungen gefunden. F. × ananassa: Fragaria chiloensis var. ananassa (DUCHESNE ex ROZIER) SER., Fragaria × magna auct., Potentilla × ananassa (DUCHESNE ex ROZIER) MABB.; F. moschata: Fragaria elatior EHRH., Potentilla moschata (WESTON) PRANTL; F. vesca: Fragaria insularis RYDB., Potentilla vesca (L.) SCOP.; F. viridis: Fragaria collina EHRH., Fragaria vesca var. sativa L., Potentilla viridis (WESTON) PRANTL. Dt. Synonyme: Für die wild vorkommenden Arten (F. moschata, F. vesca, F. viridis) existieren zahlreiche deutsche Bezeichnungen. Relativ gebräuchliche Namen sind Zimt-Erdbeere für F. moschata, Rotbeere und Rote Beere für F. vesca sowie Knackelbeere, Brestel, Bresling, Knackbeere, Knorpelbeere, Hügelerdbeere für F. viridis. Die Garten-Erdbeere wird auch entsprechend ihres botanischen Namens als Ananas-Erdbeere bezeichnet.  Englisch: garden strawberry, strawberry (F. ananassa), Hautbois strawberry (F. moschata), European strawberry, wild strawberry, woodland strawberry (F. vesca), Green strawberry (F. viridis).

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Alle Arten der Gattung sind ausdauernde, krautige, im Mai und Juni blühende Pflanzen, die eine einfache oder verzweigte Grundachse und häufig lange oberirdische Ausläufer besitzen. Die Stengel sind schaftartig, aufrecht und meist blattlos, die Laubblätter dreizählig gefingert und lang gestielt. Die Teilblätter weisen in der Regel einen kräftigen Mittelnerv auf, von dem ausgehend die Seitennerven fischgrätenartig in den grob gesägten Blattrand verlaufen. Blüten in meist armblütigen Trugdolden, mit fünf Kelchblättern, ebenso vielen weißen Kronblättern sowie zahlreichen Staubblättern und Fruchtknoten. Aus dem Blütenboden entwickeln sich rot gefärbte Scheinfrüchte, auf denen die kleinen Nussfrüchte aufsitzen. F. x ananassa besitzt große Blüten (Durchmesser 2,5 bis 3,7 cm) und lederartige Blätter, deren Oberseite fast kahl ist. Die drei anderen offizinellen Arten besitzen kleinere Blüten (Durchmesser maximal 2,8 cm) und niemals lederartige Blätter, deren Oberseite zudem stets deutlich behaart ist. Bei F. moschata ist die gesamte Blattunterseite abstehend behaart und der Stengel überragt die Blüten, bei F. vesca und F. viridis ist die Blattunterseite anliegend behaart (falls doch abstehend dann nur am Grund des Blattes). Bestes Unterscheidungsmerkmal von F. vesca und F. viridis ist der Blütenboden, der bei F. vesca nur am Grund einen Haarkranz besitzt und ansonsten kahl ist, wogegen der von F. viridis fein langhaarig ist.

Verbreitung: F. x ananassa: Heimisch im küstennahen Nordwesten der USA (Oregon, Washington, Nord-Kalifornien) und Südwesten Kanadas (British Columbia). In fast allen Regionen der Welt mit gemäßigtem Klima kultiviert. F. moschata: Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von NW-Frankreich über ganz Mitteleuropa bis Nord-Italien, den Balkan und den europäischen Teil Russlands. F. vesca: Heimisch fast im gesamten gemäßigten Europa, Asien und Nordamerika. F. viridis: Heimisch in Europa und Asien. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Nordost-Spanien über das gesamte Mittel- und Südeuropa bis zum südlichen Skandinavien, im Südosten bis zur Türkei, im Osten bis Kasachstan. Sämtliche Fragaria-Arten bevorzugen offene, trockene Standorte.

Droge: Die zur Blütezeit gesammelten, ganzen oder geschnittenen, getrockneten Laubblätter einer der oben genannten Stammpflanzen und Hybriden oder Mischungen davon.

Beschreibung der Droge: Lang gestielte, dreizählige Blätter mit grob gesägtem Blattrand. Blattoberseite hell- bis dunkelgrün, Blattunterseite graugrün, mit deutlich hervortretenden, parallel verlaufenden und in den Randzähnen endenden Seitennerven, auf beiden Seiten mehr oder weniger glänzend seidig behaart. Blattrand grob gesägt. Blattstiel mehr oder weniger behaart, grün oder bräunlich bis dunkelbraun, an der Basis mit Nebenblättern. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch runzelige Blattstücke und Fragmente des Blattstiels.

Geruch und Geschmack: Geruch leicht heuartig, Geschmack schwach bitter, auch etwas zusammenziehend und schleimig.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Gartenerdbeerblätter (F. x ananasa), Moschuserdbeerblätter, Zimterdbeerblätter (F. moschata), Walderdbeerblätter (F. vesca), Hügelerdbeerblätter (F. viridis). Englisch: Strawberry Leaves. Lateinisch: Folia Fragariae.

Herkunft: Die Droge wird überwiegend aus den Balkanländern importiert, wo die Sammlung aus Wildvorkommen erfolgt.

Gewinnung der Droge: Nach dem Sammeln wird an der Luft im Schatten getrocknet.

Inhaltsstoffe: Gerbstoffe: Gehalt 5 bis 10 %. Ellagitannine mit Pedunculagin als dominierender Komponente sowie oligomere Proanthocyanidine, von denen bisher nur das als Biogenesezwischenprodukt geltende dimere Procyanidin B-3 isoliert wurde. Flavonoide:  Besonders Derivate des Quercetins, darunter Rutin (Gehalt in den Blättern von F. moschata 3,4 % und in den Blättern von F. viridis 2,3 %). Weitere Bestandteile: u. a. Salicylsäure, Zimtsäure, Kaffeesäure und Chlorogensäure.

Wirkungen: Der Droge wird eine adstringierende Wirkung zugeschrieben. Infolge des Gehalts an Gerbstoffen erscheint die Wirkung plausibel, obwohl ein experimenteller Wirkungsnachweis bislang nicht erbracht wurde. Weiterhin wird soll die Droge eine diuretische Wirkung aufweisen, die in pharmakologischen Untersuchen jedoch nicht bestätigt werden konnte.

Anwendungsgebiete: Aufgrund der fehlenden Wirkungsnachweise wird die Droge ausschließlich in der Volksheilkunde verwendet.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Als mildes Adstringens bei leichten Durchfällen, insbesondere bei Kindern, sowie zum Gurgeln bei Entzündungen des Halses, der Mundschleimhaut und des Zahnfleisches. Aufgrund der adstringierenden Wirkung der enthaltenen Gerbstoffe erscheint diese Verwendung plausibel. Darüber hinaus werden Erdbeerblätter u. a. auch bei Darmblutungen, Erkrankungen der Harnwege, Rheuma, Gicht, Lebererkrankungen und Gelbsucht verwendet. Ein Wirkungsnachweis fehlt. Ebenso ist infolge des Inhaltsstoffspektrums der Droge eine Wirkung bei diesen Anwendungsgebieten nicht zu erwarten, so dass ein derartiger therapeutischer Gebrauch nicht befürwortet werden kann.

Gegenanzeigen: Personen mit Allergie gegen Erdbeerfrüchte sollten Erdbeerblätter nicht verwenden, da Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten können.

Unerwünschte Wirkungen: Erdbeerblätter können bei Personen mit Allergie gegen Erdbeerfrüchte Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Zur Verwendung als Adstringens 1 g (etwa 1 Teelöffel) fein geschnittene Erdbeerblätter mit kochendem Wasser übergießen und nach 5 bis 10 Minuten durch ein Teesieb geben. Bei leichtem Durchfall mehrmals täglich eine Tasse trinken.

Sonstige Verwendung: Insbesondere die getrockneten jungen Blätter von F. vesca werden gelegentlich als Bestandteil von Kräutertees verwendet, die als Schwarztee-Ersatz getrunken werden. Ebenso erfolgt die Nutzung als so genannte "Fülldroge" in Arzneikräutertees.


Bilder:

Gemeinsames Merkmal aller Arten der Gattung sind die dreiteiligen Blätter (s. Abbildung links oben), die Blüten mit der fünfzähligen Blütenhülle und den vielen Staub-  und Fruchtblättern (s. Abbildung rechts oben) sowie die roten "Früchte". Aus botanischer Sicht handelt es sich bei diesen jedoch um Scheinfrüchte, da es sich bei dem saftigen Teil um den fleischig gewordenen Blütenboden handelt. Die eigentlichen Früchte sind kleine Nüsschen, die als schwarze Punkte auf den "Beeren" zu erkennen sind (s. Abbildungen links und rechts unten).


Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2004; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 22a vom 01.02.1990 ("Negativ-Monographie"); USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; van Wyk BE, Wink C, Wink M, Handbuch der Arzneipflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke