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Ephedrakraut - Ephedrae herba [Ph. Eur. 7.0 (04/2010: 2451)]

Stammpflanzen: Ephedra sinica STAPF., Ephedra intermedia SCHRENK et C. A. MEY. und Ephedra equisetina BUNGE / Meerträubel [Fam. Ephedraceae / Meerträubelgewächse]. Synonyme: Ephedra equisetina: Ephedra shennungiana T. TANG; E. sinica: Keine Gebräuchlich. Dt. Synonyme: Meerträubchen, Meertrauben, Meerwegetritt, Meerweggraß, Rossschwanz, Seetraube. Englisch: Ephedra equisetina: Mongolian ephedra; E. sinica: Chinese ephedra, Chinese joint-fir, Desert tea, Mexican tea, Teamster's tea.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Die Ephedra-Arten sind aufrechte oder niederliegende, 0,2 bis 2 m hohe, reich verzweigte, xeromorphe Rutensträucher oder Kletterpflanzen, die ein Rhizom besitzen und deren Äußeres an Schachtelhalm und Besenginster erinnert. Der untere, meist verholzte Teil wird häufig von den rundlichen, grünlichen oder graugrünen, gestreiften und oft quirlförmig angeordneten Zweigen verdeckt. Die sehr kleinen, schuppenförmigen, pfriemlichen, spitzen Laubblätter sind gegenständig angeordnet oder stehen zu 3 oder 4 in einem Quirl. Die Blüten sind eingeschlechtig und sehr klein, die Pflanzen meist zweihäusig. Die Blütenhülle der weiblichen und männlichen Blüten besteht aus zwei Schuppenblättern. Angeordnet sind die Blüten an den Zweigen meist in knäueligen, gelbgrünen Infloreszenzen. Aus den weiblichen Blüten entwickeln sich beerenartige, orange bis gelb gefärbte Scheinfrüchte. Ephedra sinica ist etwa 30 cm hoch und wenig verzweigt. Die lang gestreckten, rundzylindrischen Zweige besitzen einen Durchmesser von 1 bis 2 mm Durchmesser. Die ca. 3 bis 4 mm langen, schuppenartigen Blätter sind meist zweigeteilt, spitz dreieckig, am Scheitel grauweiß gefärbt und gekrümmt, an der Basis röhrenartig verwachsen und rötlichbraun gefärbt. Ephedra equisetina ist ein etwa 1,5 m hoch werdender, verhältnismäßig stark verzweigter Strauch. Die Rutenzweige besitzen einen Durchmesser von 1 bis 2 mm. Die Schuppenblättchen sind 1 bis 2 mm lang, zweigeteilt, am Blattende kurz dreieckig und grauweiß gefärbt, an der Blattbasis braunrot bis braunschwarz gefärbt.

Verbreitung: Die Gattung weist drei Verbreitungsgebiete auf. Eurasien: Von Nordafrika, den Kanarischen Inseln und dem Mittelmeergebiet über Kleinasien und Arabien bis und zu den Trockengebieten Innerasiens. Nordmerika: Westen der USA und Neu-Mexiko. Südamerika: Entlang der Andenkette von Ekuador bis Argentinien und Patagonien. E. sinica: China (Provinzen Hebei, Jilin, Nei Monggol, Shanxi und nordwestliches Henan. E. equisetina: Vom Kaukasus über die mittelasiatischen Staaten bis zur Mongolei und den chinesischen Provinzen Gansu, Hebei, Nei Monggol, Ningxia, Qinghai, Shaanxi, Shanxi und Xizang.

Droge: Die Rutenzweige der oben genannten Arten, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt von 1,0 Prozent Ephedrin aufweisen.

Beschreibung der Droge: Die meist grüngrauen, gelegentlich auch bräunlichgrünen oder bräunlichen Rutenzweige sind 1 bis 2 mm dick, fein längsgerillt und knotig gegliedert. An den Knoten sitzen die beiden gegenständigen, zu Schuppen reduzierten, 2 bis 4 mm langen Laubblättchen, die bis zur Mitte zu einer Röhre verwachsen sind und deren freie Teile dreieckige Zähnchen bilden. Das Mark der Zweige ist weiß, gegen das Zentrum hin bräunlich. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch überwiegend bräunlichgrüne, 1 bis 2 mm dicke, meist breitgedrückte, fein längsgerillte Zweigstückchen, an deren Knoten sich die kleinen Blättchen befinden. Vereinzelt können ferner kleine, braune, verholzte Achsenstücke vorkommen.

Geruch und Geschmack: Leicht aromatischer Geruch und bitterer, deutlich zusammenziehender Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Keine gebräuchlich. Englisch: ephedra, Ephedra Herb, desert tea. Lateinisch: Herba Ephedrae.

Herkunft: Überwiegend aus dem Anbau in Ostasien.

Gewinnung der Droge: Die qualitativ hochwertigste Droge wird von vier Jahre alten Pflanzen gewonnen. Der Zeitpunkt der Ernte soll längere Zeit nach dem letzten Regen und rechtzeitig vor dem Einsetzen von Winterfrösten liegen. Getrocknet wird möglichst unter Sonneneinwirkung an der Luft.

Inhaltsstoffe: Alkaloide: Gehalt im Durchschnitt 1 bis 2 %. Hauptalkaloide sind sind die 1R, 2S-Konfiguration aufweisenden L-Ephedrin, Norephedrin und Methylephedrin sowie die 1S, 2S-Konfiguration aufweisenden, der D-Pseudoephedrinreihe zugerechneten Pseudoephedrin und Methylpseudoephedrin. Gehalt und Alkaloidmuster können je nach Herkunft schwanken, mengenmäßig dominierendes Alkaloid ist stets das L-Ephedrin. Als Nebenalkaloide kommen in sehr geringen Mengen Ephedroxan, ein 3,4-Dimethyl-5-phenyloxazolidon, N-Methylbenzylamin und 2,3,5,6-Tetramethylpyrazin vor. Weitere Bestandteile: Flavonoide (insbesondere C-Glykoside), Catechingerbstoffe, Lignanderivate, Phenolcarbonsäurederivate, geringe Mengen an ätherischem Öl, Kohlenhydrate und Fette.

Wirkungen: Wirksamkeitsbestimmendes Prinzip der Droge ist das Ephedrin. Dieses wirkt indirekt sympathomimetisch und zentral stimulierend. Weiterhin wurde für die Droge im Tierversuch eine antitussive Wirkung nachgewiesen.

Anwendungsgebiete: Atemwegserkrankungen mit leichtem Bronchospasmus bei Erwachsenen und Schulkindern.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: In der chinesischen Medizin blickt die Nutzung von Ephedra auf eine 4000jährige Tradition zurück. Hauptsächlich verwendet wurde das Kraut bei Asthma, zur Anregung des Kreislaufes sowie als allgemeines Stimulans. Weiterhin wurde/wird es in der fernöstlichen Medizin als schweiß- und harntreibendes Mittel sowie bei Fieber und Entzündungen verwendet. Für die letztgenannten Indikationen ist die Wirksamkeit nicht belegt.

Gegenanzeigen: Ephedrakraut darf nicht verwendet werden bei Vorliegen von Angst- und Unruhezuständen, Bluthochdruck, Engwinkelglaukom, Hirndurchblutungsstörungen, Prostataadenom mit Restharnbildunng, Phäochromocytom und Thyreotoxikose. Hinweis: Ephedrinhaltige Arzneimittel sind Bestandteil der Doping-Liste des IOC und des deutschen Sportbundes!

Unerwünschte Wirkungen: Schlaflosigkeit, motorische Unruhe, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen, Miktionsstörungen, Tachykardien. Bei höherer Dosierung kommt es zu einem drastischen Blutdruckanstieg und Herzrhythmusstörungen. Ferner ist die Entwicklung einer Abhängigkeit möglich. Bei Gebrauch der in den USA populären ephedrahaltigen Nahrungsergänzungs- und Schlankheitsmittel (s. oben) werden regelmäßig Nebenwirkungen wie Beklemmungsgefühle, Schlafstörungen, erhöhter Blutdruck bis hin zu tödlichen Herzinfarkten beobachtet.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Bei Kombination mit einer Reihe anderer Arzneimittel sind schwerwiegende Nebenwirkungen möglich. So bewirkt die Kombination mit herzwirksamen Glykosiden oder Halothan Herzrhythmusstörungen, mit Guanethidin eine Verstärkung der sympathomimetischen Wirkung, mit MAO-Hemmstoffen eine Potenzierung der sympathomimetischen Wirkung von Ephedrin und mit Secale-Alkaloid-Derivaten oder Oxytocin die Entwicklung von Bluthochdruck.

Dosierung und Art der Anwendung: Ephedrakraut wird heute nur noch selten zur Behandlung leichter Bronchospasmen angewendet. Infolge der umfangreichen Gegenanzeigen sowie der recht gravierenden möglichen Neben- und Wechselwirkungen sollte dies auch nur nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen. Die mittlere Einzeldosis soll eine Menge von 15 bis 30 mg Alkaloiden enthalten. Als höchste Tagesdosis werden bei Erwachsenen 300 mg Gesamtalkaloide angesehen. Die Dauer der Anwendung sollte auf wenige Tage beschränkt werden.

Sonstige Verwendung: In den USA sind Ephedra-Extrakte in vielen Abmagerungspillen, Nahrungsergänzungsmitteln und "Energieboostern" enthalten (zur Bewertung siehe unter "Unerwünschte Wirkungen"). Derartige Produkte werden heute auch in Deutschland (illegal) über das Internet gehandelt.


Bilder:

Das Verbreitungsgebiet der Gattung Ephedra umfasst die eurasisch-nordafrikanischen Trockengebiete (s. das im Mittelmeergebiet heimische E. fragilis) sowie die ebenfalls ariden Regionen Nord- und Südamerikas (s. Abbildung rechts oben). Bei den Ephedra-Arten handelt es sich in der Regel um Rutensträucher mit verholtem, reich verzweigtem Stamm und Zweigen, die an Schachtelhalm oder Besenginster erinnern (s. Abbildung links unten). Die Laubblätter sind nur als kleine Schuppen ausgebildet, die meist gegenständig angeordnet sind (s. Abbildung rechts unten -> am deutlichsten zu erkennen am Ende des Zweiges), die eingeschlechtigen Blüten sehr klein und einzeln oder zu mehreren in den Blattachseln der Zweige stehend (s. Abbildung rechts unten).


Literatur: Deutsches Arzneibuch (DAB) 1999; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 11 vom 17.01.1991; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Weitlaner W, Ephedra auf der Abschussliste - US-Forscher warnen vor Missbrauch, Zeitschrift für Phytotherapie 2003, Heft 5.


© Thomas Schöpke